Das Nachweisgesetz - Die Mindestinhalte in Arbeitsverträgen

Seit dem 1. August 2022 müssen Arbeitgeber in Arbeitsverträgen mehr Mindestinhalte angeben als bislang. Um welche Inhalte es sich dabei handelt und welche Aufgaben auf Unternehmen zukommen, erklärt folgender Beitrag. 

Inhalt: 

  1. Änderungen am Nachweisgesetz: die wichtigsten Informationen für Arbeitgeber
  2. Die neuen Mindestinhalte von Arbeitsverträgen
  3. Aufgaben für Arbeitgeber 
  4. Schriftform: Deutschland als umstrittene Ausnahme
  5. Rechtsfolgen bei Verstößen
  6. Fazit und Ausblick 

Was ist das Nachweisgesetz?

Das Nachweisgesetz verpflichtet Arbeitgeber, die wesentlichen Vertragsbedingungen eines Arbeitsverhältnisses schriftlich zu dokumentieren und ihren Arbeitnehmern auszuhändigen. Es gilt für alle Arbeitnehmer, einschließlich leitender Angestellter und Praktikanten, mit Ausnahme von Aushilfen, die für weniger als einen Monat beschäftigt werden. Die Angabe dieser Vertragsbedingungen muss spätestens am ersten Arbeitstag erfolgen, für einige Details spätestens innerhalb von sieben Tagen.

Ziel des Nachweisgesetzes ist es, Rechtssicherheit für beide Seiten zu schaffen, Transparenz über die Arbeitsbedingungen zu erhöhen und die Beweisführung bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten zu erleichtern. Obwohl der Nachweis selbst nicht rechtsbegründend ist, dient er dazu, Missverständnisse und Konflikte im Arbeitsverhältnis zu vermeiden und den Arbeitnehmer umfassend über seine Rechte und Pflichten zu informieren.

Was muss ein Arbeitsvertrag laut Nachweisgesetz erfüllen?

Arbeitsverträge können grundsätzlich mündlich abgeschlossen werden. In diesem Fall ist jedoch ein separates Dokument erforderlich, das die nach dem Nachweisgesetz vorgeschriebenen Inhalte schriftlich festhält. Wird ein schriftlicher Arbeitsvertrag ausgehändigt, der diese Angaben enthält, entfällt die Verpflichtung zur zusätzlichen Niederschrift.

Die Mindestinhalte eines Arbeitsvertrags umfassen unter anderem:

  • Namen und Anschriften der Vertragsparteien,
  • Beginn des Arbeitsverhältnisses,
  • Dauer (bei befristeten Verträgen),
  • Arbeitsort (inklusive Hinweise auf flexible oder wechselnde Einsatzorte),
  • Beschreibung der Tätigkeit,
  • Entgelthöhe, einschließlich Zuschläge und Sonderzahlungen,
  • Arbeitszeiten, Pausen, Urlaubstage und Schichtregelungen,
  • Kündigungsfristen und das Verfahren bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses,
  • Hinweise auf Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen.

Besondere Regelungen, wie Details zu Auslandseinsätzen, Fortbildungen oder betrieblicher Altersvorsorge, müssen ebenfalls aufgenommen werden, sofern sie vereinbart wurden. Durch diese Vorgaben wird eine hohe Transparenz gewährleistet und sichergestellt, dass Arbeitnehmer über alle relevanten Arbeitsbedingungen informiert sind.

1. Änderungen am Nachweisgesetz: die wichtigsten Informationen für Arbeitgeber

Im Rahmen der neuen EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen musste in Deutschland das Nachweisgesetz (NachwG) entsprechend angepasst werden. Das deutsche Nachweisgesetz regelt, zu welchen Informations- und Dokumentationspflichten Arbeitgeber verpflichtet sind. Die neuen Anpassungen des Nachweisgesetzes traten zum 1. August 2022 in Kraft und betreffen neue und bestehende Arbeitsverhältnisse. Die wichtigsten Punkte sind nachfolgend zusammengefasst:

  • Schriftform: 

Arbeitsverträge müssen verpflichtend in Papierform und händisch unterschrieben dem Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt werden. Die elektronische Signatur ist nicht zulässig. 

  • Verstöße als Ordnungswidrigkeit: 

Verstöße gegen die Angabe von Mindestinhalten werden künftig als Ordnungswidrigkeit gehandhabt. Sollte ein Arbeitgeber anstelle der Schriftform einen Vertrag mit einer elektronischen Signatur versehen, kann dies mit einer Geldstrafe von bis zu 2.000 EUR geahndet werden. 

  • Aushändigung der Arbeitsbedingungen: 

Das Gesetz sieht hier je nach Fall eine Frist vom ersten Tag bis zu einem Monat nach vereinbartem Beginn des Arbeitsverhältnisses vor. Für die Praxis bedeutet dies allerdings, dass alle Arbeitsbedingungen spätestens am ersten Arbeitstag überreicht werden.  

  • Bestehende Arbeitsverhältnisse: 

Die neuen Änderungen gelten auch für bereits bestehende Arbeitsverträge. Arbeitnehmer können vom Unternehmen verlangen, dass innerhalb von sieben Tagen die entscheidenden Änderungen nach dem neuen Nachweisgesetz übermittelt werden. Ein neuer Arbeitsvertrag muss demnach nicht erstellt werden. 

2. Die Mindestinhalte von Arbeitsverträgen 

Bislang regelte das Nachweisgesetz die wichtigsten Vertragsbedingungen, wie Beginn des Arbeitsverhältnisses, Arbeitsort uvm. Für die Aushändigung des Vertrages galt bislang eine Frist von einem Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses.

Künftig müssen die Mindestinhalte nach §2 Abs. 1 NachwG zusätzlich folgende Punkte in jedem Arbeitsvertrag verpflichtend angegeben werden: 

  • Bei befristeten Verträgen: Datum an dem das Arbeitsverhältnis endet
  • Dauer der Probezeit, sofern diese vereinbart wurde 
  • Möglichkeit für den Arbeitnehmer zur freien Wahl des Arbeitsortes, sofern dies vereinbart wurde
  • Vergütung von Überstunden, Zuschläge und Sonderzahlungen 
  • Form und Fälligkeit des Arbeitsentgelts 
  • Vereinbarte Arbeitszeit und Ruhepausen und -zeiten, bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystems und Voraussetzungen für Änderungen 
  • Möglichkeit der Anordnung von Überstunden, sowie deren Voraussetzungen, nach Vereinbarung
  • ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung
  • Bei einer betrieblichen Altersvorsorge: Name und Anschrift des Versorgungsträgers; diese Nachweispflicht entfällt, sofern der Versorgungsträger zur Angabe dieser Information verpflichtet ist
  • falls vereinbart, Einzelheiten zur Arbeit auf Abruf
  • das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Mitarbeitenden einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage
  • Hinweis auf anwendbare Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen
  • Bei Auslandseinsätze die länger andauern als vier aufeinanderfolgende Wochen sind zusätzlich folgende Punkte anzugeben:
  • Einsatzland
  • geplante Dauer des Einsatzes
  • Währung der Entlohnung 
  • ggf. vereinbarte Geld- und Sachleistungen, zu erstattende Reise- und Unterbringungskosten etc. 

Wie detailliert die neuen Regelungen angegeben werden müssen, ist im Gesetzestext nicht formuliert und derzeit noch unklar. 

3. Aufgaben für Arbeitgeber 

Mit dem Inkrafttreten des neuen Nachweisgesetzes ergeben sich entsprechende Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber. Diese sind: 

1. Musterarbeitsverträge anpassen

Für alle künftigen Einstellungen sollten Arbeitgeber ihre Musterarbeitsverträge schnellstmöglich anpassen. 

2. Standardisiertes Antwortschreiben für bestehende Verträge

Für bestehende Arbeitsverträge empfiehlt es sich, ein standardisiertes Antwortschreiben zu erstellen, um ggf. den Auskunftsanspruch von Arbeitnehmern fristgerecht innerhalb von sieben Tagen nachkommen zu können.  Ein Schreiben, das die oben aufgeführten Mindestinhalte enthält, ist demnach ausreichend. Alternativ kann ein neuer Arbeitsvertrag erstellt werden. 

3. Ggf. Vollmachten zum Unterzeichnen von Arbeitsverträgen erteilen

Die durchaus aufwendige Schriftformerfordernis trägt weiterhin zu bürokratischer Mehrarbeit bei. Um dennoch schnell als Unternehmen handeln zu können, sollte der Arbeitgeber idealerweise der Personalabteilung eine Vollmacht zum Unterschreiben von Arbeitsverträgen aushändigen. 

4. Bei bestehenden Betriebsrat: Betriebsvereinbarung ändern

Sofern es im Unternehmen einen Betriebsrat gibt, kann es durchaus Sinn machen, die Betriebsvereinbarung um die Arbeitsbedingungen (Altersversorgung, Schichtsystem, Arbeitszeit uvm.) zu erweitern. So kann in den neuen Musterarbeitsverträgen einfach Bezug auf die Betriebsvereinbarung genommen werden. 

4. Schriftform: Deutschland als umstrittene Ausnahme

Wie bereits weiter oben erwähnt, müssen Arbeitsverträge nach wie vor in Papierform ausgedruckt, unterschrieben und dem Arbeitnehmer ausgehändigt werden. Einen Arbeitsvertrag per E-Mail zu versenden ist also selbst mit einer zertifizierten elektronischen Signatur ausgeschlossen

Deutschland ist somit das einzige Land, welches nicht von der EU-Transparenz-Richtlinie Gebrauch macht, nach der man Arbeitsverträge elektronisch unterschreiben kann. 

Aber das ist nicht alles: Das Nichteinhalten der Schriftform kann mit Bußgeldstrafen geahndet werden und stellt somit eine wesentliche Belastung vor allem für kleinere und mittelständische Unternehmen. 

Somit ist der Gesetzgeber berechtigterweise in die Kritik geraten, einen großen Schritt rückwärts in Sachen Digitalisierung zu machen. Eine Lockerung der Schriftform wäre für alle Unternehmen wünschenswert gewesen. Deutschland bleibt eine Ausnahme im europäischen und internationalen Umfeld und hinkt dadurch in der Digitalisierung noch weiter hinterher. 

Aber nicht nur die bestehende Schriftform löst Kritik aus, manche Änderungen sind einfach unklar definiert. So kann bei einem zweckgebundenen Arbeitsvertrag, beispielsweise aufgrund von Krankheit, kaum ein Enddatum angegeben werden. 

5. Rechtsfolgen bei Verstößen gegen das Nachweisgesetz

Wie bereits weiter oben erwähnt, werden ab dem 1. August 2022 Verstöße gegen das Nachweisgesetz als Ordnungswidrigkeit behandelt, was eine Bußgeldstrafe von bis zu 2.000 EUR nach sich ziehen kann. Inwiefern die jeweiligen Behörden tatsächlich Verstöße ahnden und ob die Bußgeldgrenze ausgeschöpft wird, ist ungewiss. 

Wichtig: Ein fehlender Nachweis hat keine Auswirkung auf die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages - dieser hat weiterhin seine Gültigkeit und Bestand

Bisher sind alle Rechtsfolgen noch nicht ganz abzuschätzen. Für Arbeitgeber ist es bedeutend zu wissen, dass selbst bei einem fehlenden Hinweis auf die Drei-Wochen-Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage §7 KSchG greift und die Kündigung somit trotz fehlendem Hinweises von Anfang an rechtswirksam ist. 

6. Fazit zum Nachweisgesetz

Das neue Nachweisgesetz stellt Arbeitgeber vor hohe organisatorische Herausforderungen im Personalbereich. Vor allem der Umfang der detaillierten Mindestangaben ist zeitaufwendig und arbeitsintensiv. Vieles ist im neuen Nachweisgesetz noch unklar und wird sich erst durch Entscheidungen des Arbeitsgerichtes in der Zukunft klären. Es ist davon auszugehen, dass sämtliche Versäumnisse zu Lasten der Arbeitgeber gehen. 

Disclaimer: 

Die Inhalte dieses Artikels dienen lediglich zu Informationszwecken. Es handelt sich hierbei um keine Rechtsberatung und eine Haftung für die Inhalte ist ausgeschlossen.

Sebastian Wengryn
CEO

Das könnte Sie auch interessieren...

Blog

Schnell, sicher, effizient: Darlehensverträge mit Muster erstellen

Erfahren Sie, wie Sie Darlehensverträge anhand von Mustern ganz einfach erstellen können.
Zum Artikel
Blog

Vertragsautomatisierung: Wie moderne Technologien die Prozessautomatisierung optimieren

Erfahren Sie, wie Sie Ihre Vertragsprozesse mit einer Vertragsmanagement-Software automatisieren.
Zum Artikel
Blog

Vertragsrisiken erkennen und vermeiden: Worauf gilt es zu achten?

Erfahren Sie, auf welche Vertragsklauseln Sie besonders achten sollten.
Zum Artikel
Starten Sie jetzt mit ContractHero
Erleben Sie ContractHero live in Aktion! Registrieren Sie sich hier für die 30-minütige Demonstration:
Demo vereinbaren