Seit dem 1. August 2022 müssen Arbeitgeber in Arbeitsverträgen mehr Mindestinhalte angeben als bislang. Um welche Inhalte es sich dabei handelt und welche Aufgaben auf Unternehmen zukommen, erklärt folgender Beitrag.
Inhalt:
Das Nachweisgesetz verpflichtet Arbeitgeber, die wesentlichen Vertragsbedingungen eines Arbeitsverhältnisses schriftlich zu dokumentieren und ihren Arbeitnehmern auszuhändigen. Es gilt für alle Arbeitnehmer, einschließlich leitender Angestellter und Praktikanten, mit Ausnahme von Aushilfen, die für weniger als einen Monat beschäftigt werden. Die Angabe dieser Vertragsbedingungen muss spätestens am ersten Arbeitstag erfolgen, für einige Details spätestens innerhalb von sieben Tagen.
Ziel des Nachweisgesetzes ist es, Rechtssicherheit für beide Seiten zu schaffen, Transparenz über die Arbeitsbedingungen zu erhöhen und die Beweisführung bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten zu erleichtern. Obwohl der Nachweis selbst nicht rechtsbegründend ist, dient er dazu, Missverständnisse und Konflikte im Arbeitsverhältnis zu vermeiden und den Arbeitnehmer umfassend über seine Rechte und Pflichten zu informieren.
Arbeitsverträge können grundsätzlich mündlich abgeschlossen werden. In diesem Fall ist jedoch ein separates Dokument erforderlich, das die nach dem Nachweisgesetz vorgeschriebenen Inhalte schriftlich festhält. Wird ein schriftlicher Arbeitsvertrag ausgehändigt, der diese Angaben enthält, entfällt die Verpflichtung zur zusätzlichen Niederschrift.
Die Mindestinhalte eines Arbeitsvertrags umfassen unter anderem:
Besondere Regelungen, wie Details zu Auslandseinsätzen, Fortbildungen oder betrieblicher Altersvorsorge, müssen ebenfalls aufgenommen werden, sofern sie vereinbart wurden. Durch diese Vorgaben wird eine hohe Transparenz gewährleistet und sichergestellt, dass Arbeitnehmer über alle relevanten Arbeitsbedingungen informiert sind.
Im Rahmen der neuen EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen musste in Deutschland das Nachweisgesetz (NachwG) entsprechend angepasst werden. Das deutsche Nachweisgesetz regelt, zu welchen Informations- und Dokumentationspflichten Arbeitgeber verpflichtet sind. Die neuen Anpassungen des Nachweisgesetzes traten zum 1. August 2022 in Kraft und betreffen neue und bestehende Arbeitsverhältnisse. Die wichtigsten Punkte sind nachfolgend zusammengefasst:
Arbeitsverträge müssen verpflichtend in Papierform und händisch unterschrieben dem Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt werden. Die elektronische Signatur ist nicht zulässig.
Verstöße gegen die Angabe von Mindestinhalten werden künftig als Ordnungswidrigkeit gehandhabt. Sollte ein Arbeitgeber anstelle der Schriftform einen Vertrag mit einer elektronischen Signatur versehen, kann dies mit einer Geldstrafe von bis zu 2.000 EUR geahndet werden.
Das Gesetz sieht hier je nach Fall eine Frist vom ersten Tag bis zu einem Monat nach vereinbartem Beginn des Arbeitsverhältnisses vor. Für die Praxis bedeutet dies allerdings, dass alle Arbeitsbedingungen spätestens am ersten Arbeitstag überreicht werden.
Die neuen Änderungen gelten auch für bereits bestehende Arbeitsverträge. Arbeitnehmer können vom Unternehmen verlangen, dass innerhalb von sieben Tagen die entscheidenden Änderungen nach dem neuen Nachweisgesetz übermittelt werden. Ein neuer Arbeitsvertrag muss demnach nicht erstellt werden.
Bislang regelte das Nachweisgesetz die wichtigsten Vertragsbedingungen, wie Beginn des Arbeitsverhältnisses, Arbeitsort uvm. Für die Aushändigung des Vertrages galt bislang eine Frist von einem Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses.
Künftig müssen die Mindestinhalte nach §2 Abs. 1 NachwG zusätzlich folgende Punkte in jedem Arbeitsvertrag verpflichtend angegeben werden:
Wie detailliert die neuen Regelungen angegeben werden müssen, ist im Gesetzestext nicht formuliert und derzeit noch unklar.
Mit dem Inkrafttreten des neuen Nachweisgesetzes ergeben sich entsprechende Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber. Diese sind:
Für alle künftigen Einstellungen sollten Arbeitgeber ihre Musterarbeitsverträge schnellstmöglich anpassen.
Für bestehende Arbeitsverträge empfiehlt es sich, ein standardisiertes Antwortschreiben zu erstellen, um ggf. den Auskunftsanspruch von Arbeitnehmern fristgerecht innerhalb von sieben Tagen nachkommen zu können. Ein Schreiben, das die oben aufgeführten Mindestinhalte enthält, ist demnach ausreichend. Alternativ kann ein neuer Arbeitsvertrag erstellt werden.
Die durchaus aufwendige Schriftformerfordernis trägt weiterhin zu bürokratischer Mehrarbeit bei. Um dennoch schnell als Unternehmen handeln zu können, sollte der Arbeitgeber idealerweise der Personalabteilung eine Vollmacht zum Unterschreiben von Arbeitsverträgen aushändigen.
Sofern es im Unternehmen einen Betriebsrat gibt, kann es durchaus Sinn machen, die Betriebsvereinbarung um die Arbeitsbedingungen (Altersversorgung, Schichtsystem, Arbeitszeit uvm.) zu erweitern. So kann in den neuen Musterarbeitsverträgen einfach Bezug auf die Betriebsvereinbarung genommen werden.
Wie bereits weiter oben erwähnt, müssen Arbeitsverträge nach wie vor in Papierform ausgedruckt, unterschrieben und dem Arbeitnehmer ausgehändigt werden. Einen Arbeitsvertrag per E-Mail zu versenden ist also selbst mit einer zertifizierten elektronischen Signatur ausgeschlossen.
Deutschland ist somit das einzige Land, welches nicht von der EU-Transparenz-Richtlinie Gebrauch macht, nach der man Arbeitsverträge elektronisch unterschreiben kann.
Aber das ist nicht alles: Das Nichteinhalten der Schriftform kann mit Bußgeldstrafen geahndet werden und stellt somit eine wesentliche Belastung vor allem für kleinere und mittelständische Unternehmen.
Somit ist der Gesetzgeber berechtigterweise in die Kritik geraten, einen großen Schritt rückwärts in Sachen Digitalisierung zu machen. Eine Lockerung der Schriftform wäre für alle Unternehmen wünschenswert gewesen. Deutschland bleibt eine Ausnahme im europäischen und internationalen Umfeld und hinkt dadurch in der Digitalisierung noch weiter hinterher.
Aber nicht nur die bestehende Schriftform löst Kritik aus, manche Änderungen sind einfach unklar definiert. So kann bei einem zweckgebundenen Arbeitsvertrag, beispielsweise aufgrund von Krankheit, kaum ein Enddatum angegeben werden.
Wie bereits weiter oben erwähnt, werden ab dem 1. August 2022 Verstöße gegen das Nachweisgesetz als Ordnungswidrigkeit behandelt, was eine Bußgeldstrafe von bis zu 2.000 EUR nach sich ziehen kann. Inwiefern die jeweiligen Behörden tatsächlich Verstöße ahnden und ob die Bußgeldgrenze ausgeschöpft wird, ist ungewiss.
Wichtig: Ein fehlender Nachweis hat keine Auswirkung auf die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages - dieser hat weiterhin seine Gültigkeit und Bestand
Bisher sind alle Rechtsfolgen noch nicht ganz abzuschätzen. Für Arbeitgeber ist es bedeutend zu wissen, dass selbst bei einem fehlenden Hinweis auf die Drei-Wochen-Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage §7 KSchG greift und die Kündigung somit trotz fehlendem Hinweises von Anfang an rechtswirksam ist.
Das neue Nachweisgesetz stellt Arbeitgeber vor hohe organisatorische Herausforderungen im Personalbereich. Vor allem der Umfang der detaillierten Mindestangaben ist zeitaufwendig und arbeitsintensiv. Vieles ist im neuen Nachweisgesetz noch unklar und wird sich erst durch Entscheidungen des Arbeitsgerichtes in der Zukunft klären. Es ist davon auszugehen, dass sämtliche Versäumnisse zu Lasten der Arbeitgeber gehen.
Disclaimer:
Die Inhalte dieses Artikels dienen lediglich zu Informationszwecken. Es handelt sich hierbei um keine Rechtsberatung und eine Haftung für die Inhalte ist ausgeschlossen.
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