Jahresabschluss erstellen – So sind Sie Schritt für Schritt vorbereitet

Jahresabschlüsse sind reine Routine-Arbeiten? Nein! Zwar beherrschen alle Profis ihre Buchhaltungs-Software perfekt und kennen sämtliche gesetzliche Bestimmungen ganz genau. Trotzdem können Jahresabschlüsse niemals reine Routine sein. Warum nicht? Ganz einfach: Weil die Daten für die Buchhaltung von Menschen kommen. Vom Vertriebler. Vom Product Manager. Vom Marketingleiter. Vom Hauswart. – Menschen, die jedes Jahr neue Ideen umsetzen, mit neuen Herausforderungen konfrontiert sind und neue Lieferanten, Dienstleister und Services benutzen.

Die wahre Herausforderung für den Jahresabschluss liegt in der Vollständigkeit und Korrektheit der Buchungen. Hier ein kleiner Leitfaden, der Sie dabei unterstützen soll, den Jahresabschluss perfekt vorzubereiten.

Wer muss einen Jahresabschluss erstellen?

Bevor Sie Ihren Jahresabschluss vorbereiten, ist es wichtig zu wissen, wer überhaupt zur Erstellung eines solchen Abschlusses verpflichtet ist. Die Anforderungen richten sich nach der Rechtsform des Unternehmens sowie bestimmten Umsatz- und Gewinnkriterien.

Folgende Unternehmen und Personen sind zur Erstellung eines Jahresabschlusses verpflichtet:

  1. Kapitalgesellschaften:
    Dazu gehören Aktiengesellschaften (AGs), Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHs), Unternehmergesellschaften (UGs) sowie deren Varianten, wie beispielsweise GmbH & Co. KG.
  2. Personengesellschaften mit Handelsregistereintrag:
    Dazu zählen offene Handelsgesellschaften (OHGs) und Kommanditgesellschaften (KGs).
  3. Einzelkaufleute, die in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren die folgenden Grenzen überschreiten:
    • Mehr als 600.000 € Umsatzerlös
    • Mehr als 60.000 € Jahresüberschuss
      (Seit 2024 gelten hier die neuen Grenzen von 800.000 € Umsatz und 80.000 € Jahresgewinn.)
  4. Genossenschaften, Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen:
    Sie unterliegen speziellen Vorschriften für die Erstellung des Jahresabschlusses gemäß den jeweiligen gesetzlichen Vorgaben.

Ausnahmen und Sonderregelungen:

  • Freiberufler und kleine Gewerbetreibende ohne Buchführungspflicht dürfen anstelle eines klassischen Jahresabschlusses eine Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) vorlegen.
  • Kleine und Kleinst-Kapitalgesellschaften können Erleichterungen in Anspruch nehmen und sind unter bestimmten Bedingungen von der vollständigen Aufstellungspflicht befreit, insbesondere, wenn sie als Tochterunternehmen gemäß § 264 Abs. 3 und § 264b HGB gelten.

Nachdem geklärt ist, wer zur Erstellung eines Jahresabschlusses verpflichtet ist, stellt sich die Frage: Welche Schritte und Vorbereitungen sind notwendig, um einen korrekten und vollständigen Abschluss zu gewährleisten? Ein strukturierter Ansatz spart Zeit und minimiert Fehler.

Die Vorbereitungen, um einen Jahresabschluss zu erstellen

1. Unterlagen sammeln & anfordern

Ein gut strukturierter Jahresabschluss beginnt mit einer vollständigen Sammlung aller relevanten Unterlagen, die das gesamte Geschäftsjahr abdecken. Diese sollten möglichst frühzeitig zusammengestellt werden, um später keine Zeit mit der Suche nach fehlenden Dokumenten zu verlieren.

Wichtige Unterlagen, die über das Jahr hinweg gesammelt werden sollten:

  • Buchungsbelege: Alle Einnahmen und Ausgaben, wie Rechnungen, Quittungen und Zahlungsnachweise.
  • Verträge: Miet-, Lieferanten-, Dienstleistungs- oder andere geschäftsrelevante Vereinbarungen.
  • Handelsregisterauszüge: Für Unternehmen, die rechtlich zur Führung solcher Register verpflichtet sind.
  • Fahrtenbücher: Nachweis für geschäftlich genutzte Fahrzeuge.
  • Inventarlisten: Eine Übersicht über das Vermögen und dessen Zustand.
  • Anlagenbuchhaltung: Informationen über alle betrieblichen Anschaffungen und deren Abschreibungen.
  • Bankauszüge: Vollständige Kontenbewegungen des Geschäftsjahres.
Tipp: Richten Sie klare Prozesse für die regelmäßige Übergabe von Belegen aus anderen Abteilungen ein. Mitarbeiter sollten angehalten werden, Belege zeitnah einzureichen, um das Risiko vergessener oder unvollständiger Dokumentation zu minimieren.

2. Überprüfung, Buchung und Umbuchung

Nach der Sammlung aller Unterlagen beginnt die eigentliche Arbeit: Die Kontrolle und Verarbeitung der Daten, um sicherzustellen, dass die Buchführung korrekt und vollständig ist.

Kontenabstimmung:
Gehen Sie alle Konten durch und gleichen Sie die Buchungen mit den vorliegenden Unterlagen ab. Besonders wichtig:

  • Bankkonten: Stimmen die Salden mit den Bankauszügen überein?
  • Offene Forderungen: Wurden alle gestellten Rechnungen vollständig beglichen oder müssen Anpassungen vorgenommen werden?
  • Verbindlichkeiten: Sind alle Zahlungen korrekt erfasst, auch solche, die noch nicht in Rechnung gestellt wurden?

Buchungen und Umbuchungen:
Nach der Kontrolle folgt die Durchführung von Umbuchungen, um vorläufige Werte in endgültige Zahlen zu überführen oder Korrekturen vorzunehmen.

Ein Beispiel: Wenn eine Leistung im Dezember erbracht, aber erst im Januar bezahlt wurde, wird sie per Umbuchung dem alten Geschäftsjahr zugeordnet.

Abschreibungen:
Ermitteln Sie die Abschreibungen für alle relevanten Vermögensgegenstände (z. B. Maschinen, Fahrzeuge, IT-Geräte). Abschreibungen sind buchhalterische Werte, die den Verlust des Vermögens über die Zeit darstellen, zum Beispiel durch Abnutzung.

Tipp: Eine zentrale Tabelle hilft dabei, den Überblick zu behalten.

Rückstellungen:
Bilden Sie Rückstellungen für Verpflichtungen, die zwar noch nicht in Rechnung gestellt wurden, aber absehbar sind – etwa für Garantiefälle oder mögliche Steuerforderungen.

Abschlussübersicht erstellen:
Zum Schluss wird eine Übersicht erstellt, die den aktuellen Stand der Bestandskonten (z. B. Vermögen, Schulden) und Erfolgskonten (z. B. Einnahmen, Ausgaben) zeigt. Diese bildet die Grundlage für die Erstellung des finalen Jahresabschlusses.

Durch eine strukturierte Sammlung der Unterlagen und eine gründliche Überprüfung sowie Korrektur der Buchungen schaffen Sie die Basis für einen rechtssicheren und übersichtlichen Jahresabschluss.

1 Die harten Fakten zuerst zum Jahresabschluss: Mittelflüsse und Vermögen

Im allerersten Schritt müssen wir uns um die „harten“ Daten über die Gelder kümmern:

  • Wo ist wie viel Geld hereingekommen?
  • Wohin ist wie viel Geld geflossen?
  • Welche „echten“ Vermögenswerte (nicht Buchwerte) sind vorhanden?

Diese Informationen stammen von Kontoauszügen, Wertschriftenverzeichnissen und vom Inventar.

Bevor wir überhaupt beginnen, über AfA, Gewinne, Verluste, Abgrenzungen, etc. nachzudenken, müssen wir kontrollieren, ob unsere Buchhaltungs-Konten mit den „harten Fakten“ übereinstimmen. Dies ist die Basis für alles Weitere.

2 Belege einfordern und sammeln

Wir alle wissen: „Ohne Beleg keine Buchung“. Häufig ist dies ein Problem der Personalführung – die Mitarbeitenden müssen dazu angehalten werden, noch ausstehende Zahlungsbelege, Spesenrechnungen und andere relevanten Dokumente fristgerecht einzureichen. Hier gilt es, klare Fristen zu setzen und von den Abteilungen eine Bestätigung einzufordern, dass alle Belege eingereicht wurden. Selbstredend sollten die Belege zeitnah geprüft werden. Es ist immer wieder ärgerlich, wenn man erst nach Wochen bemerkt, dass ein Zahlungsbeleg über 3.452 Euro nicht selbsterklärend ist und der betreffende Mitarbeitende im Urlaub weilt...

3 Abschreibungen (AfA) vorbereiten

Abschreibungen sind eine Wissenschaft für sich. Es gibt nicht nur eine Reihe verschiedener Abschreibungsmethoden, sondern auch einen bunten Strauß von Regeln und Ausnahmen. Kluge Buchhalter*innen überlassen diese Disziplin daher ihren Steuerberatern. Aber Achtung: Eine kluge Abschreibungspolitik setzt genaue Daten voraus! Sorgen Sie also dafür, dass sämtliche Aktivposten detailliert dokumentiert sind:

  • Beschaffungskosten
  • Beschaffungsdatum
  • Bisherige Abschreibungen; aktueller Restwert
  • Aktueller Zustand (beschädigt? Abgenutzt?)

Am besten führen Sie eine zentrale Tabelle, die mit den Originaldokumenten verknüpft wird. (Tipp: In Excel können Sie auch Links zu lokalen Dateien einfügen.)

4 Eigene Rechnungen (Umsätze) kontrollieren

Haben Sie gewusst, dass die eigenen Rechnungen häufiger in der Buchhaltung vergessen gehen als Lieferantenrechnungen? Kein Witz. Der Grund ist einfach: Wenn eine Lieferantenrechnung vergessen geht, flattert eine Mahnung ins Haus. Wenn das eigene Mahnwesen nicht perfekt funktioniert, bleiben Forderungen länger offen als geplant.

Am besten bewährt hat sich das folgende Vorgehen:

  • Zusammenstellen sämtlicher Rechnungen mit Stichtag 31. Dezember
  • Prüfung der Forderungen: Sind noch Anpassungen notwendig? Beispiele: Nachträglich gewährte Preisnachlässe, zusätzlich zu verrechnende Serviceleistungen, usw.
  • Liste der Rechnungen zur Kontrolle an diejenigen Kolleg*innen geben, welche Rechnungen schreiben / versenden
  • Zahlungseingänge kontrollieren
  • Falls keine Debitoren gebucht werden: Noch offene Rechnungen mit einer Abgrenzungs-Buchung erfassen, sodass die Bezahlung noch dem alten Geschäftsjahr gutgeschrieben werden kann.

5 Aktive und passive Abgrenzungen: ARAP und PRAP

Damit die Einnahmen und Aufwendungen periodengerecht zugeordnet werden, müssen aktive und passive Abgrenzungen vorgenommen werden:

  • Aktive Rechnungsabgrenzungsposten (ARAP): Aufwendungen, welche in diesem Jahr bereits verbucht wurden, aber das folgende Geschäftsjahr betreffen.
  • Passive Rechnungsabgrenzungsposten (PRAP): Erlöse, die bereits eingenommen und verbucht wurden, aber dem neuen Geschäftsjahr zuzuschreiben sind.

Nicht vergessen: Bei der Eröffnung des neuen Geschäftsjahres müssen diese Posten wieder zurückgebucht werden.

6 Verbindlichkeiten

Am einfachsten zu kontrollieren sind bezahlte Rechnungen: Diese sind zuverlässig in den Bankkonten dokumentiert und müssen lediglich mit den Buchhaltungskonten abgeglichen werden.

Kniffliger ist das Erfassen der noch offenen Verbindlichkeiten (Abgrenzungs-Rechnung). Auch hier gilt: Kolleg*innen fragen. Wer hat noch offene Rechnungen auf dem Pult, welche das alte Geschäftsjahr betreffen?

Am heikelsten jedoch sind Verbindlichkeiten, die noch gar nicht in Rechnung gestellt wurden:

  • Verträge, die unterzeichnet wurden, aber noch nicht in der Kreditorenbuchhaltung aufgetaucht sind
  • Lieferanten, die noch keine Rechnung zugesandt haben
  • Abonnements, die einmal jährlich in Rechnung gestellt werden

Im Normalfall werden solche Verträge von den operativen Abteilungen verwaltet, nicht von der Buchhaltung. Selbstredend müssen wir die Abteilungen darum bitten, fristgerecht alle eingegangenen Verbindlichkeiten zu melden. Ebenfalls sinnvoll ist es, den letzten Jahresabschluss im Detail zu prüfen: Welche wiederkehrenden Verbindlichkeiten sind dort verbucht? Existieren diese immer noch?

Für das Verbuchen solcher Verbindlichkeiten gilt die folgende Faustregel:

  • Ist die Höhe und der Zeitpunkt des geschuldeten Betrags bekannt, wird die Verbindlichkeit in der Rechnungsabgrenzung erfasst.
  • Sind Höhe und/oder Zeitpunkt der Fälligkeit noch unbekannt, kommt die Rückstellung zum Zug

7 Rückstellungen

Rückstellungen sind fiktive Aufwendungen. Sie werden gebucht, um die Gewinn-/Verlust-Rechnung anzupassen, d. h. zu vermeiden, dass der Gewinn zu hoch ausgewiesen wird.

Häufige Themen für Rückstellungen sind:

  • Eingegangene Verbindlichkeiten, welche in ihrer Höhe noch unbekannt sind
  • Zu befürchtende Rechtsstreitigkeiten
  • Steuern, die im Ausland zu bezahlen sind
  • Vertragsstrafen
  • Drohende Umsatzeinbrüche (Beispiel: Covid-19-Pandemie)
  • Garantie-Rückstellungen (Abdecken von Garantie-Ansprüchen der Kunden)

Auch Rückstellungen sollten im Idealfall vom Steuerberater vorgenommen werden. Dieser weiß am besten, was möglich und erlaubt ist – und was nicht.

Was wir vorbereiten können, ist jedoch eine genaue Liste möglicher Rückstellungen und eine Dokumentation der bekannten Fakten:

  • Durchschnittliche Aufwendungen für Garantiefälle in den letzten Jahren
  • Vom Hausjuristen gelieferte Einschätzung betreffend drohender Rechtsstreitigkeiten

8 Abgrenzungen und Rückstellungen des letzten Jahresabschlusses prüfen

Nach dem Jahresabschluss ist vor dem Jahresabschluss. Vor exakt einem Jahr wurden schon einmal Abgrenzungen und Transitorische verbucht, Rückstellungen gebildet und allenfalls wieder aufgelöst. Hier sollte man beim aktuellen Jahresabschluss nochmals genau den Beginn des Geschäftsjahres anschauen:

  • Wurden transitorische Buchungen korrekt zurückgebucht?
  • Sind alle aktiven und passiven Abgrenzungen berücksichtigt?
  • Müssen vorhandene Rückstellungen aufgelöst oder angepasst werden?
  • Garantie-Rückstellungen (Abdecken von Garantie-Ansprüchen der Kunden)

Letzter Tipp zum Jahresabschluss erstellen

Mit der Vertragsmanagement Software ContractHero können Sie sämtliche Verträge zentral verwalten. Dadurch werden Ihnen nie wieder Verbindlichkeiten entgehen, welche von der Buchhaltung unbemerkt in einer anderen Abteilung eingegangen wurden.

Sebastian Wengryn
CEO

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